Ich berichte hier über die Anfang 2023 (April) fertig gestellte Infrastruktur in Engelsbrand und in Salmbach. Beide Orte gehören zur Gemeinde Engelsbrand und auch zum Enzkreis.

Das erste Mal war ich am 09.05.2023 mit dem Hintergrund eines Treffens von verschiedenen Menschen dort, die für einen Podcast zum 50. Jubiläum des Enzkreises befragt wurden.1

Ich war schon viel früher als die anderen vor Ort und habe die Gegebenheiten genau angesehen und dokumentiert, um beim Treffen dann auch etwas darüber sagen zu können.

Hinweis

Dieser Blogbeitrag befindet sich schon seit Mai 2023 im Entwurfsmodus in meinem Blog, denn ich hatte schon nach dem ersten Besuch etwas Wut im Bauch wegen dieser gefährlichen Infrastruktur, die dort gebaut wurde. Doch Konzentrationsschwierigkeiten, Krankheit in den letzten Wochen und all so etwas haben bisher verhindert, dass ich den Blogbeitrag fertigstellen konnte.

Dann gab es dann am 10. August 2023 einen schweren Unfall, bei dem ein Autofahrer in Salmbach auf dieser neuen Infrastruktur einen Radfahrer angefahren hat. Der Radfahrer ist später im Krankenhaus gestorben. Das macht mich richtig wütend. Das war ein Grund, diesen Blogbeitrag jetzt endlich fertigzustellen, denn es gibt dort noch mehr Gefahrenstellen, die man entschärfen muss bzw. die man meiner Ansicht nach so hätte gar nicht erst bauen sollen.

Aufbau dieses Blogbeitrags

Zum besseren Verständnis für Menschen ohne Ortskenntnisse hier eine Karte der beiden Orte Engelsbrand (oben) und Salmbach (unten). Dort sind in verschiedenen Farben die Bereiche markiert und mit je einer Nummer versehen, die auch in den Überschriften zu finden ist.

Bezüglich der Reihenfolge der Bereiche fahre ich dabei vom Kreisverkehr bei der Feuerwehr nach Engelsbrand, dann zurück zum Kreisverkehr, einmal komplett durch Salmbach durch und wieder zurück in Richtung Kreisverkehr bei der Feuerwehr.

  • Engelsbrand: E1, E2, E3
  • Salmbach: S1, S2, S3, S4 (hier gab es bereits einen tödlichen Unfall)
Karte von OpenStreetMap, Copyright by OpenStreetMap Contributors
Hinweis
Um nach Veränderungen/Verbesserungen zu sehen, war später erneut vor Ort, im Juli und zwei mal im August 2023. Zuletzt am 17. August 2023. Die Fotos stammen von diesen verschiedenen Besuchen vor Ort (Mai bis August 2023). Bezüglich der Infrastruktur oder Beschilderung wurde aber seit dem ersten Besuch im Mai nichts verändert, nur die Umgebung/Bebauung sieht teilweise etwas anders aus.

Engelsbrand

Der erste Abschnitt ist ein neuer “Radweg” vom Kreisverkehr bei der Feuerwehr nach Engelsbrand hinein. Vor diesem Umbau gab in diesem Bereich vom Kreisverkehr bis nach Engelsbrand nur ein Waldstück und die Landstraße.

E1 – Radweg nach Engelsbrand

Dieser Radweg in der Presse mal wieder als Radweg verkauft, ist in Wirklichkeit der Beschilderung nach aber nur ein Gehweg, auf dem mit dem Zusatzschild “Fahrrad frei” das Radfahren freigegeben wird. Dies bedeutet jedoch, dass man dort generell nur Schrittgeschwindigkeit fahren darf, immer. Gerade bergab in Richtung Westen macht das dort so gut wie niemand.

Hinweis
Von den Teilnehmern für das Interview des Podcasts wusste niemand, dass man hier nur Schrittgeschwindigkeit fahren darf.

Die Beschilderung des “Radwegs”, der am Kreisverkehr bei der Feuerwehr beginnt. So sieht die Beschilderung auf allen Zufahrten zu diesem “Radweg” aus.

Hier die Einmündung auf den großen Parkplatz der beiden Einkaufsmärkte, die mittlerweile eröffnet wurden.

E2 – Verschwenkung auf die Fahrbahn

Wenige Meter nach dem Ortsschild ist der Gehweg nicht mehr fürs Radfahren freigegeben und der Radverkehr wird nach links auf die Fahrbahn verschwenkt. Willkommen in der Hölle.

Bevor man jedoch die Fahrbahn erreicht, muss man noch das Blindenleitsystem passieren, das bei Regen vermutlich sehr rutschig wird und bei Trockenheit zumindest in Längsrichtung auch nicht gerade angenehm zu befahren ist. Aber vielleicht bin ich bei so etwas auch nur besonders empfindlich.

Auf der Fahrbahn angekommen befindet man sich auf einem schmalen Schutzstreifen und wird zusammen mit dem Fließverkehr in eine Engstelle geleitet.

Hier muss man bedenken, dass sich diese Stelle nur wenige Meter hinter dem Ortsschild befindet und es ein Gefälle gibt. D. h. die meisten Autofahrer haben hier vermutlich mindestens 50 km/h drauf und fahren dann dicht an Radfahrern vorbei. Meiner Ansicht nach ist dies eine sehr gefährliche Stelle.

Und dann folgt auch noch eine weitere Engstelle, wo ich auf Anhieb gar nicht weiß, wer hier Vorrang hat. Überholen dürfte man hier aber eigentlich gar nicht. Und wer weiß das? Und genau dort, wo Radfahrer und Fließverkehr sich treffen, gibt es links eine Querungshilfe und somit keine Möglichkeit, auszuweichen.

E3 – Zurück zum Kreisverkehr

Möchte man von Engelsbrand wieder zurück zum Kreisverkehr bei der Feuerwehr fahren, so kann man wieder den bereits genannten Gehweg benutzen, denn er ist auch in Gegenrichtung für den Radverkehr freigegeben. Vorher gibt es noch einen Abbiegestreifen für Radfahrer.

Auch hier finde ich das Blindenleitsystem beim Auffahren auf den “Radweg” problematisch und auch, dass man scharf rechts fahren muss, sobald man auf dem Gehweg drauf ist.

Salmbach

Auch in Salmbach (Ortsteil der Gemeinde Engelsbrand) wurde neue Infrastruktur gebaut. Vor dem Umbau gab es auch in Salmbach nur eine Landstraße bzw. im Ortsteil dann eine Hauptstraße ohne besondere weitere Infrastruktur.

S1 – Radweg nach Salmbach

Vom Kreisverkehr an der Feuerwehr gibt es einen neuen Fahrbahn begleitenden Weg. Vor dem Termin vor Ort sagte man mir, das wäre ein Radweg. Eine dazu passende Beschilderung hatte ich jedoch vor Ort nicht gefunden. Diese fehlt bis heute (August 2023), sodass man dort nicht fährt, wenn man sich an Recht und Gesetz hält.

Die Kamera zeigt nach Süden in Richtung Salmbach. Bei den Fragezeichen müsste es eine Beschilderung des Radwegs geben. Doch dort ist nichts.

Folgt man diesem Gehweg, auf dem das Radfahren verboten ist, führt später im Ort ein Radweg ab, der wieder in den fließenden Verkehr verschwenkt wird. Zuvor fährt man noch an einer Bushaltestelle vorbei.

S2 – Schutzstreifen in Salmbach

Der Schutzstreifen befindet sich fast durchgehend nur auf der westlichen Seite der Hauptstraße. Für einen Schutzstreifen auf der anderen Seite sei die Fahrbahn zu schmal, wie im Podcast zu hören ist. Und auch der existierende Schutzstreifen ist immer wieder unterbrochen, z. B. dann, wenn auf der anderen Fahrbahnseite Parkplätze markiert sind. An diesen Stellen wurden die unterbrochenen Linien des Schutzstreifens einfach wieder schwarz angemalt. Es gibt mehrere solcher Stellen.

Die unterbrochenen Linien wurden im Bereich des Parkplatzes schwarz angemalt.
Hinweis
Meines Wissens ist das Anlegen von Schutzstreifen nur erlaubt, wenn Autofahrer nicht dauerhaft darauf fahren müssen, was sie auch gar nicht dürfen. Bei den vielen Fahrten dort haben fast alle Autofahrer den Schutzstreifen dauerhaft befahren, weil es bei Gegenverkehr gar nicht anders möglich ist.

Hier drei Fotos, die beim Befahren der Hauptstraße entstanden sind und zeigen, wie schmal die Fahrbahn dort ist.

Bei allen bisherigen Fahrten dort wurde ich permanent von Autofahrern gefährdet. Diese Schutzstreifen bieten keinerlei Schutz.

S3 – Ortsausgang von Salmbach

Fährt man von Salmbach in Richtung Langenbrand weiter, dann hört der Schutzstreifen noch im Ort einfach mittendrin auf, wieder an einer Engstelle.

Ab hier sollen Radfahrer dann nach rechts auf den Weg fahren. Auch hier gibt es wieder ein Blindleitsystem in Fahrtrichtung, das meiner Ansicht nach unangenehm zu befahren ist, wenn auch nicht durchgehend.

Der Weg rechts darf meiner Kenntnis nach, da er nicht entsprechend für Radverkehr beschildert wurde, gar nicht mit dem Fahrrad befahren werden. Schreibt gerne was in die Kommentare, falls ich da falsch liege.

Auch am anderen Ende des Weges, wenn man wieder in Richtung Salmbach fährt, gibt es keine Beschilderung.

Befährt man den Weg trotzdem wieder zurück in Richtung Ortsmitte, so soll man der Malerei nach entweder nach rechts auf die Fahrbahn und dann weiter auf der Fahrbahn oder doch komplett rüber auf den Gehweg?

Hier halte ich das Blindenleitsystem für besonders gefährlich, weil man eine scharfe Rechtskurve fährt, genau auf dem Leitsystem.

Und auch die Querungshilfe besteht aus einem eher rutschig anmutenden Material und zudem auch einem Blindenleitsystem.

Wenn man nun, fälschlicherweise(?) doch auf den Gehweg gequert hat, bekommt man diese schöne Markierung auf dem Gehweg präsentiert. Aber wohin zeigt sie? Vermutlich soll das bedeuten, dass man wieder auf die Fahrbahn soll. Denn einen linksseitigen Radweg gibt es hier nicht. Nur den Schutzstreifen in Gegenrichtung, der kurz zuvor im Nichts aufhört.

S4 – Gefährliche und missverständliche Querung

Wir sind wieder zurück in Salmbach und fahren in Richtung Engelsbrand. Hier ist die Stelle, an der der Unfall2 war. Als ich hier das erste Mal im Mai entlang fuhr, bin ich auf diese Infrastruktur hereingefallen. Ich wollte geradeaus fahren und bin wegen des Geradeauspfeils auf dem Schutzstreifen intuitiv auf diesen aufgefahren, nur um dann wenige Meter später wieder auf die Fahrbahn zu fahren.

Vor dem Bau dieser neuen Infrastruktur gab es hier nur eine Hauptstraße ohne Gefahrenpotential und ohne Querungshilfe.

Jetzt werden Radfahrende aus dem Nichts heraus auf einen sehr kurzen Streifen geführt, wo sie vermutlich von den meisten Autofahrern ohne ausreichenden Abstand überholt werden.

Dann wird aus dem Schutzstreifen für wenige Meter ein Radfahrstreifen (wo die Linie nicht mehr unterbrochen ist).

Hier ein 360°-Foto der Situation an der Unfallstelle:

Originalfoto

Laut einem Bericht im Pforzheimer Kurier vom 17. August 2023 zum oben genannten Unfall, sagte der Pressesprecher der Polizei, seiner Einschätzung nach hätte der Radfahrer am Ende des Radfahrstreifens anhalten und das Autos passieren lassen müssen. Der Radfahrer wollte laut Pressebericht an dieser Stelle auf die Fahrbahn wechseln.

Hinweis

Meines Wissens nach darf man Radfahrer an einem Schutzstreifen nur mit 1,5 m Mindestabstand überholen. An der Stelle, wo aus dem Schutzstreifen ein Radfahrstreifen wird, darf man zwar theoretisch vorbeifahren (rechtlich ist das kein Überholen), aber praktisch dann doch nicht, weil man auch dann den Mindestabstand einhalten muss.

Wie kann es zu solch einem Unfall kommen, wenn Autofahrer hier gar nicht überholen/vorbeifahren dürfen? Dürfen sie nicht erst dann durchfahren, wenn der Radfahrer zum Stehen gekommen ist und wartet?

Dass der Schutzstreifen nach ein paar Metern zu einem Radfahrstreifen wird, bei dem andere Regeln gelten, dass hatte ich selbst vor Ort nicht bemerkt, erst als ich die Pressemeldung gelesen habe.

Dann muss man also laut Polizei als Radfahrer anhalten und warten, bis alle Autofahrer mit wenig Abstand an einem vorbeifahren (hier ist Tempo 50 erlaubt). Erst dann darf man weiter geradeaus fahren.

Auf der Fahrbahn sind vermutlich die Zeichnungen von der Unfallaufnahme zu sehen. Nach mehreren Regentagen sind diese schon etwas verwaschen.

Falls man aber doch auf den erhofften Radweg auf die andere Straßenseite quert, dann quert man zuerst die Querungshilfe, muss auf der anderen Seite wieder auf dem Blindenleitsystem eine 90 Grad Kurve fahren und befindet sich dann auf einen linksseitigen Gehweg, den man mit dem Fahrrad aber gar nicht befahren darf, weil entsprechende Beschilderung fehlt. Dort könnte man dann sein Fahrrad bis zum Kreisverkehr bei der Feuerwehr schieben.

Bitte nur so und nicht anders

Und hier ein ganz wichtiger Hinweis für alle Menschen, die dort unterwegs sind. Diese beiden Radfahrer zeigen, wie man sich an dieser Gefahrenstelle richtig verhält. Sie ignorieren den Schutzstreifen/Radfahrstreifen und fahren geradeaus weiter, statt auf dem Gehweg:

Fazit

Ich war früher vor dem Umbau oft in Engelsbrand und Salmbach und bin immer auf der Hauptstraße gefahren, weil es nichts anderes gab. Ich hatte keine Probleme vernommen. Radfahrer waren mit dem restlichen Verkehr auf einer Fahrbahn. Mit allen Vor- und Nachteilen, die sich daraus ergeben.

Jetzt hat man für viel Geld gefährliche Infrastruktur geschaffen, die keine Fehler verzeiht und die man als Radfahrer zur eigenen Sicherheit komplett meiden sollte, dann aber immer wieder von Autofahrern beschimpft und/oder angehupt wird.

Laut Presseberichten wird diese Stelle jetzt geprüft. Ich frage mich, weshalb man überhaupt solche Infrastruktur gebaut hat, wenn doch jeder halbwegs interessierte Mensch (wie ich) an solchen Stellen sofort Probleme und Gefahren erkennt.


  1. Den Podcast gibt es hier. Über mich ist dort nichts zu hören, meine Ansichten waren wohl nicht positiv genug für so einen positiv gestalteten Beitrag. ↩︎

  2. Die erste Pressemeldung der Polizei zum Unfall und später zum Tod des Radfahrers↩︎