Zwischen Bilfingen und Ersingen (beides Enzkreis) wurde am Mittwoch in der Presse ein neuer Radweg verkündet. Ich hörte schön vor Längerem davon, dass dort etwas geplant war und schaute mir das am Freitag aufgrund der Pressemeldung vor Ort selbst an.

Hier die Übersichtskarte, rot eingezeichnet der ungefähre Verlauf des neuen “Radwegs”.

Link zur Karte (OpenStreetMap), Copyright der Karte by OpenStreetMap Contributors

Gehweg, nicht Radweg

Der in der Presse verkündete Radweg ist in Wirklichkeit ein Gehweg, der für Radfahrende durch eine Zusatzbeschilderung freigegeben ist.

Ein Gehweg, kein Radweg.
Gehweg mit Freigabe für Radfahrende – hier ist maximal Schrittgeschwindigkeit erlaubt.

Diese Kombination bedeutet allerdings, dass nur Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf1, egal ob Fußgänger da sind oder nicht. Ich habe mehrere Radfahrende darauf angesprochen, das wusste aber niemand.

Immerhin ist die Fahrbahnoberfläche auf der kurzen Strecke der Wahnsinn, das kenne ich sonst nur von neuen Landstraßen.

Radfahren ist Sport, Höhenmeter sind gut

Zudem gönnt man der Zielgruppe bei Benutzung des neuen “Radwegs” im Vergleich zur flachen Landstraße daneben auch ein paar unnötige Höhenmeter. Schließlich fährt man nicht Fahrrad, um von A nach B zu kommen, sondern ausschließlich, um sich sportlich zu betätigen. Und da freut man sich über jeden Höhenmeter.

Deutlich sichtbarer Hügel des Wegs von der Landstraße aus gesehen.
Es geht weit nach unten zur Landstraße. Diesen Ausblick erfährt man sich mit unnötigen Höhenmetern.

Das mag zunächst aussehen wie “Meckern auf hohem Niveau”, doch zusammen gerechnet auf große Strecken sind solche unnötigen Höhenmeter wirklich sehr anstrengend und auch demotivierend.

Wozu dieser neue Weg?

In Kommentaren einer Pressemeldung schrieb jemand, der neue “Radweg” sei unnötig, weil es bereits 100 Meter weiter einen Radweg gebe. Nun, es gibt auf der östlichen Seite des Dorfes einen echten, gemeinsamen Geh- und Radweg. In der Karte oben ist er grün eingezeichnet. Er ist ca. 300 Meter entfernt und ist Teilstrecke einer Radwanderroute, die von Pforzheim bis nach Karlsruhe beschildert ist.

Auf der westlichen Seite der Landstraße zwischen Bilfingen und Ersingen gab es bisher (laut OpenStreetMap) keine Verbindung für Fußgänger. Die hat man mit dem neuen Weg geschaffen, zumindest bis zur Antoniuskapelle. Dort kann man dann zu Fuß den bereits bestehenden Gehweg (ohne Freigabe für Radfahrende) benutzen, um nach Ersingen zu kommen. Radfahrende können dann nach rechts auf die Landstraße “Wilferdinger Straße” abbiegen, um nach Ersingen zu kommen. Das ist jedoch eine sehr schmale Straße, auf der man dann natürlich meist mit wenig Abstand überholt wird, wie ich heute selbst erleben konnte.

Rechts die Antoniuskapelle. Links geht es zum Gehweg, der nach Ersingen führt und geradeaus die Landstraße ‘Wilferdinger Straße’, die auch nach Ersingen führt.

Hier ein Foto aus einem Video, auf dem man erkennt, wie schmal die Landstraße “Wilferdinger Straße” ist:

Will man vom südlichen Ende des neuen ‘Radwegs’ nach Ersingen, hat man die Wahl zwischen der großen Landstraße mit viel Verkehr und dieser schmalen Landstraße.

Ich glaube, dieser neue Weg ist sinnvoll für Fußgänger, die jetzt eine alternative Verbindung zwischen beiden Dörfern haben. Das aber als “Radweg” zu bezeichnen, ist meiner Ansicht aber nur Augenwischerei, damit man sich auf die Fahnen schreiben kann, etwas für Radfahrende getan zu haben.

Würde man wirklich etwas für Radfahrende tun wollen, so wäre ein durchgehender, Fahrbahn begleitender Geh- und Radweg notwendig, sodass man schnell durch die vielen kleinen Dörfer z. B. von Pforzheim nach Karlsruhe fahren könnte. Aktuell darf man mit dem Fahrrad nur teilweise die Landstraße befahren, da diese irgendwann zu einer Kraftfahrstraße wird. Dann bleibt einem nur noch die oben genannte Radwanderroute mit einer extrem schlechten Fahrbahnoberfläche und vielen, unnötigen Höhenmetern.

Ich hatte bereits 2021 in einem Blogbeitrag die Unterschiede der beiden Strecken benannt, siehe hier.

Gehweg – nur echt mit Hindernissen 🤪

Ein Gehweg ist nur dann ein richtiger Gehweg, wenn auch etwas Motorisiertes drauf steht, in diesem Fall ein Bagger. Da auf der Rückseite die Telefonnummer des Unternehmens steht, rief ich dort an. Da die Firma diesen Bagger vermietet, wollte man nachschauen, wer den geliehen hat und sich darum kümmern. Interessant fand ich, dass auf meinen Hinweis “der steht auf dem Gehweg” die Antwort kam “dann braucht ihn wohl noch jemand”, statt z. B. “oh, das darf natürlich nicht sein.”

Mein Fazit

Schön für Fußgänger, da eine Alternative zum östlichen Weg geschaffen wurde. Das Framing eines Radwegs hätte man sich aber sparen können. Ich werde dort weiterhin auf der Landstraße fahren.