<– Update (2021-04-09): Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, siehe hier. –>

Nachdem ich seit vielen Monaten wegen der schlechten Erfahrungen der letzten Jahre sowohl Strafanzeigen als auch Ordnungswidrigkeiten direkt an die Staatsanwaltschaft oder die Bußgeldstelle schicke, hatte ich es vor ein paar Tagen mal wieder bei der Polizei vor Ort versucht. Zum einen, weil ich mir Hilfe versprochen hatte bei einer Anzeige und auch, weil ich mich nicht damit abgeben wollte, dass es bei motorisierter Gewalt keinen Ansprechpartner bei der Polizei Pforzheim gibt.

Ich bin wieder mal eines Besseren belehrt worden. Es gab keinen Unterschied zu meinen Erlebnissen, die ich hatte, als die Polizei Pforzheim noch zum Polizeipräsidium Karlsruhe gehörte und es das Polizeipräsidium Pforzheim noch nicht gab. Letzteres existiert seit 01. Januar 2020 und vor allem via Twitter hatte das Social-Media-Team der Polizei Pforzheim immer wieder darauf hingewiesen, dass gewisse Dinge jetzt anders seien.

Es geht um diesen Vorfall vom 04. August 2020, bei dem mich ein Fahrzeugführender mit seinem Fahrzeug mit gemessenen 61 cm und potenziellen 180 km/h überholte. Auf die Geschwindigkeit komme ich, wenn ich vom „hinteren“ Video im Original die Frames zähle, die das Fahrzeug von einem Leitpfosten zum nächsten benötigt.

(Link zum Video)

Ich hatte das Video veröffentlicht und auch die Polizei Pforzheim via Twitter gebeten, sich der Sache anzunehmen und mir zu helfen:

Hallo @PolizeiPF. Wenn Sie für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden tätig werden möchten, schicke ich per DM Foto/Video in guter Qualität wg Kennzeichen. Möchte jedoch vermeiden, damit bei Dienststelle aufzulaufen und Zeit damit zu verschwenden.

Mein Tweet an die Polizei Pforzheim

Screenshot meines Tweets an die Polizei Pforzheim.

Direkt als Antwort gab es von jemandem den folgenden Hinweis:

Tja, theoretisch sogar ein offizialdelik liebe @PolizeiPF (315c 2. b) & d) StGB). […]

Antwort auf Twitter (Direktlink)

Die Antwort der Polizei Pforzheim auf meine Frage:

Wir können das von hier nicht beurteilen. Wenn eine Anzeige erstattet wird, werden sämtliche Beweiserhebungen vorgenommen. Dies erfolgt nach Anzeigenerstattung in Absprache mit der Verfolgungsbehörde, weil Gutachten von dort angeordnet werden müssen.

Antwort der Polizei Pforzheim auf meine Frage (Direktlink)

Solche Antworten habe ich schon öfter bekommen, auch damals noch von der Polizei Karlsruhe. Vor Ort dann immer wieder dasselbe. Keinerlei Interesse und es sei ja nichts passiert. In einem anderen Beispiel 2019 war der Ablauf so. Da wurde ich auch sehr knapp mit sehr hoher Geschwindigkeit überholt und der Fahrer bekam lediglich eine Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen zu geringen Abstands in Höhe von 30 €.

Hier das Video des Vorfalls von April 2019 (es ist fast dieselbe Stelle):

(Link zum Video)

Bei der Polizei

Ein paar Tage später ging ich dann zu einer Dienststelle der Polizei Pforzheim und rief zuvor an, um sicherzustellen, dass die Zuständigkeit auch passte und um zu klären, ob ich aktuell einen Termin bräuchte.

Der Polizist sah sich die beiden Videos an. Beim Angucken des vorderen Videos: „Da sind Sie aber nicht gefährdet worden.“, beim Angucken des hinteren Videos: „Da auch nicht.“

Die Geschwindigkeit müsse man messen. Ich habe erklärt, man könne das auch berechnen über die Frames des Videos und die Leitpfosten. Er wüsste nicht, ob StA dafür einen Gutachter bestellen würde.

Er schrieb Teile dessen, was ich sagte, auf ein Blatt Papier und ich sollte das unterschreiben. Die CD mit Videos wollte er erst nicht haben, nahm sie dann aber nach meinem Protest trotzdem. Er meinte zuerst, man würde sich schon bei mir melden, wenn man die Videos bräuchte.

Ich frage mich da schon, wie sich die Staatsanwaltschaft zu etwas ein Bild machen soll, wenn sie nicht einmal die Videos sehen kann. Und wenn sie die nicht zu sehen bekommt, wird vielleicht vorschnell entschieden, dass es mal wieder nichts sei, da die Beschreibung des Polizisten doch sehr harmlos klang.

Ich fragte dann, ob das jetzt eine offizielle Strafanzeige sei und machte ihn auch darauf aufmerksam, dass ich bei sowas immer den Nebensatz „und wegen aller in Betracht kommenden Straftatbestände“ einfüge, was er nicht getan hat. Er schrieb lediglich den kurzen Ablauf auf. Dass ich meiner Ansicht nach zu knapp überholt wurde und dass das Fahrzeug meiner Ansicht nach sehr schnell war. Ich fügte an, dass der Sensor 61 cm gemessen hatte.

Er sagte, er müsse sich den Vorfall nochmal ansehen und würde dann entscheiden, welchen Tatbestand er „nehmen“ würde.

Ob das nicht Sache der StA wäre, das zu beurteilen, fragte ich. Anfangsverdacht sei doch bei der Geschwindigkeit bestimmt schon gegeben.

Er wollte die ganze Zeit auf StGB § 315 c hinaus. Ich verneinte, weil das eh eingestellt würde. Was mir vorschwebe, fragte er. Ich nannte 315d.

Polizist: Was ist d?
Natenom: Sie kennen d nicht?
Polizist: Ich schon, aber ich will wissen, mit was für Sachen Sie jetzt ankommen. Haben Sie das irgendwo gelesen?
Natenom: Illegales Autorennen.
[Polizist lacht laut auf]
Polizist: Jetzt kommen Sie aber mit Sachen an.

Ich erkläre, dass ich es nicht weiß aber doch wohl die Staatsanwaltschaft das entscheiden müsse. Und dass ich hier sei, damit er mir helfen könne und dass ich nicht verstehe, dass er das nicht als Gefährdung ansieht.

Er bot irgendwann an, statt einer Anzeige einen Bericht an die Staatsanwaltschaft zu schicken mit Bitte um Beurteilung. Dann müsse die Polizei je nach Entscheidung der Staatsanwaltschaft ermitteln.

Nichts geändert

Nach diesem erneuten Erlebnis kann ich leider sagen, dass sich trotz dem neuen Polizeipräsidium Pforzheim in dieser Richtung nichts verändert hat. Ich werde auch in Zukunft Strafanzeigen direkt an die Staatsanwaltschaft schicken, ohne die Polizei zu bemühen.

Das Aktenzeichen, oder doch nicht

Am nächsten Tag rief ich bei der Polizei an und konnte mit dem Polizisten sprechen, bei dem ich gestern war. Ein Aktenzeichen gab es nicht und aus dem versprochenen Bericht an die Staatsanwaltschaft mit Bitte um Beurteilung wurde auch nichts. Der Polizist sehe keinen Straftatbestand sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit wegen des zu geringen Abstands. Ich fragte zur Sicherheit nochmal, ob er jetzt wirklich 105112 meint (das ist die Tatbestandsnummer für Überholen mit zu wenig Abstand). Mit der Nummer konnte er nichts anfangen, meinte aber diesen Tatbestand.

Direkt zur Staatsanwaltschaft

Ich werde diesen Vorfall also doch wieder direkt an die Staatsanwaltschaft schicken. Es darf nicht sein, dass jemand mit 180 km/h auf der Landstraße fährt, einen Radfahrer mit 61 cm überholt und es letztlich nur 30 € kostet. Vor allem auch deshalb, weil die Szene auf Video ist, das Kennzeichen erkennbar ist und man auch die Geschwindigkeit zumindest in gewissen Grenzen berechnen kann.